Berent (Koscierzyna) liegt südwestlich von Danzig (Gdansk) inmitten der Höhenzüge der Kaschubischen Schweiz. Bedingt durch die Folgen zweier Weltkriege kann Berent auf eine recht wechselvolle Eisenbahngeschichte zurückblicken: Bis zum Ende des 1. Weltkriegs im beschaulichen Abseits der großen Ost-West-Strecken gelegen, fiel die Stadt nach dem 1. Weltkrieg an das neu errichtete Polen. Mit der zwangsläufigen Umorientierung auf die Nord-Süd-Richtung und dem Neubau der Kohlenmagistrale Oberschlesien - Gdingen (Gdynia) in den 20er Jahren wurde Berent zu einem wichtigen Eisenbahnknoten im schmalen polnischen Korridor zur Ostsee. Im Zusammenhang mit dem Streckenneubau wurde 1929 auch ein neues Bahnbetriebswerk errichtet. Während des Zweiten Weltkriegs zum Lokbahnhof des Bw Danzig Vbf degradiert, bekam Berent erst 1984 wieder den Status eines selbstständigen Bahnbetriebswerkes, auch wenn die komplizierten Grenzfragen der Zwischenkriegszeit längst der Vergangenheit angehörten und die Verkehre von und zur Ostsee nun wieder vorrangig über Dirschau in die Dreistadt Danzig/Zoppot/Gdingen liefen. Der ursprünglich geplante weitere Ausbau der Kohlenmagistrale über Berent kam über Anfänge nicht hinaus und wurde spätestens in den 70er aus Kostengründen ad acta gelegt.
Der Dampfbetrieb konnte sich in Berent recht zäh und ausdauernd halten. Bis Ende der 80er Jahre dominierte hier die Baureihe Ty2/Ty42, welche die auftauchende Dieselkonkurrenz in Form der Reihe ST44 teilweise sogar noch überlebte. So konnte man Anfang der 90er Jahre neben Ty2/Ty42 auch so manche ST44 im Schrott besichtigen. Mit dem Zusammenbruch des Güterverkehrs Anfang der 90er Jahre kam auch hier das schnelle Aus für den Dampf: Die letzten Dampfleistungen wurden im Mai 1991 auf den Strecken nach Danzig, Bütow (Bytow) und Konitz (Chojnice) erbracht. Zuletzt war täglich nur noch eine Maschine im Einsatz, eine weitere stand als Reserve unter Dampf auf Abruf im Bw herum.
Mit dem Dampf-Aus schien auch das Ende des kleinen, ständig unter Platzmangel leidenden Bahnbetriebswerks gekommen zu sein, doch im Rahmen des Museumskonzeptes der PKP wurde entschieden, Berent als Standort zu erhalten. Die zum größten Teil bereits in den Schrott gewanderten Ty2/Ty42 wurden nach und nach durch aus der näheren und weiteren Umgebung zusammengezogene Exemplare verschiedener Baureihen ersetzt, darunter sehr interessante Einzelstücke (Pu29-3, Tw1-90, Tkp-1149). Das urige, verrußte Flair verschwand bei der Umgestaltung leider völlig: Das Gelände wurde recht rabiat unter Verlust des Bereichs um die technisch interessante Sturzbekohlungsbühne abgetrennt, von kleineren Nebengebäuden aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg "befreit" und mittels Grünanlagen zwischen den Loks "verschönert". Bei einem Besuch Mitte der 90er Jahre hatte ich so schon arge Orientierungsprobleme. Zu allem Übel wurden die Loks auch sehr freizügig restauriert, was sich sowohl in fantasievoller Farbgebung als auch in seltsamen Umbaumaßnahmen niederschlug: So erhielt die pr. P8 Ok1-112 jetzt einen 52er Schornstein, den sie vorher natürlich nicht hatte! Nachfolgend einige Bilder aus der "guten alten Zeit", als ich im Mai 1991 auf dem Weg nach Korschen kurz Station in Berent machte.
Ty42-51 vor dem schlichten Rechteckschuppen des Bw's. | Ty2-76 war als Reservelok am Aufnahmetag nicht gefordert. |
Der Blick an Einsatzlok Ty2-1098 vorbei zeigt schön die beengten Verhältnisse im mit Dampfloks voll gestopften Bw. Im Hintergrund Ty42-117. | Mit einem sehr kurz geratenen Güterzug fährt Ty42-103 wenige Tage zuvor aus Lippusch in Richtung Konitz aus. |
Ty42-39 steht unterhalb der Sturzbühne an der Bekohlungsanlage abgestellt. | Ty2-238 zusammen mit diversen anderen abgestellten Loks der Reihen Ty2 und Ty42. |
Ty2-1098 wartet leise vor sich hin dampfend neben Ty42-130 auf neue Einsätze. |