Danzig (Stand: März 2023)


Die Westpreußischen Kleinbahnen: Ende des 19. Jahrhunderts entstanden auf dem landwirtschaftlich geprägten Weichselwerder, einer großen Insel zwischen den beiden Mündungsarmen der Weichsel (Wisla) südöstlich von Danzig (Gdansk) mehrere Zuckerfabriken, von denen die größten zur Zufuhr der Zuckerrüben eigene Schmalspurbahnen errichteten. Mit Gründung der Westpreußischen Kleinbahnen AG im Jahre 1898 und der schmalspurigen Anbindung an Danzig verschmolzen diese zu einem umfassenden Netz in 750 mm Spurweite, das in seinen besten Zeiten eine Länge von 350 km erreichte und damit praktisch jedem Winkel auf dem Werder einen Schienenanschluss verschaffte. Einzigartig für eine 750 mm-Strecke war dabei die 104 km lange Runde von Tiegenhof (Nowy Dwor Gd.) über Liessau (Lisewo) und Marienburg-Kalthof (Malbork-Kaldowo) zurück nach Tiegenhof. Innerhalb dieser Runde lag über eine Querverbindung angebunden der für den Güterverkehr bedeutende Ort Neuteich (Nowy Staw) mit seiner Zuckerfabrik.

Von Tiegenhof verläuft des Weiteren eine 30 km lange Stichstrecke nach Norden, die sich in Stegen (Stegna) T-förmig aufgabelt und entlang der Ostseeküste nach Stutthof (Sztutowo) und Nickelswalde (Mikoszewo) verläuft. Besonderheit dieser Strecke ist eine Drehbrücke bei Fischerbabke (Rybina), die vor und nach jeder Zugfahrt recht umständlich verschwenkt wird. Dieser letzten 30 km hat sich ein Eisenbahnverein mit Unterstützung der Gemeinden angenommen. Sie sind damit das letzte noch (saisonal) in Betrieb befindliche Fragment des einstigen Netzes, während die übrigen Strecken auf dem Werder in den 90er Jahren erst ihren öffentlichen Verkehr verloren und dann nach einem erneuten kurzen Dasein als Rübenbahnen wenig später komplett stillgelegt wurden. Die ebenfalls zu den Westpreußischen Kleinbahnen gehörenden Strecken auf dem Festland waren hingegen bereits in den frühen 70er Jahren stillgelegt worden.


Px48-1784 setzt in Liessau vom Güterbahnhof in den Personenbahnhof um. Im Hintergrund die Brückentürme berühmten Weichselbrücke von Dirschau.
 
Auf der Fahrt von Liessau nach Kalthof überquert Px48-1784 die ehemalige Reichsstraße 1. Sicherung durch den Zugführer statt Schließung der Schranken war in Polen gängige Praxis.

Der Bahnhof Kalthof lag direkt gegenüber der Marienburg am Nogatufer.
 
Ortsdurchfahrt Fürstenau (Mieczamia). Die leere Straße erklärt die lange Existenz der Bahn.

Bahnübergang hinter Tiegenhof. Rechts die Normalspurtrasse, die in Tiegenhof endet.
 
Die Drehbrücke von Fischerbabke mit MBxd2-212.

Bahnhof Groß Lichtenau. Das rechte Gleis kommt von Neuteich und dient nur dem saisonalen Rübenverkehr.
 
Blick mit Kirche in Groß Lichtenau (Lichnowy).

Px48-1784 mit dem offiziell letzten Dampfzug bei der Einfahrt in den wohl bedeutensten Bahnhof des Netzes: Tiegenhof. Weitere wichtige Betriebszentren waren Liessau und Neuteich (30. Mai 1992).